HELDEN UNSERER KINDHEIT AM KOCHTOPF (2) MICHEL AUS LÖNNEBERGA
MICHEL AUS LÖNNEBERGA
Michel kennen wir alle: Der liebenswerte Lausejunge vom Katthulter Hof denkt sich jeden Tag neuen Unfug aus. Seine Eltern haben es nicht immer leicht mit ihm und wenn er wieder etwas angestellt hat, schickt ihn sein Vater in den Tischlerschuppen. Dort schnitzt Michel dann kleine Holzmännchen, seine Sammlung wird von Tag zu Tag größer …
MICHEL IM KOCHTOPF
Es war ein kalter Wintermorgen in Lönneberga, und Michel hatte wie immer großen Hunger. Seine Mutter hatte einen großen Topf dampfender Suppe vorbereitet und stellte ihn in die Mitte des Tisches. Schnell aß die Familie die Suppe auf. Michel liebte Suppe und wartete, bis die Familie die Küche verlassen hatte. Dann wollte er unbeobachtet den letzten Rest der Suppe am Boden des Kochtopfes ausschlecken. Um den kleinen Schluck besser zu erreichen, steckte er seinen Kopf tief in den Topf hinein und genoss die letzten Tropfen. Als Michel nun seinen Kopf wieder aus dem Gefäß herausziehen wollte, merkte er, dass er feststeckte.
Zuerst dachte Michel, es hätte auch schlimmer kommen können, denn er war ja Gott sei Dank nicht in einen vollen Topf mit kochend heißer Suppe gelandet. Irgendwie würde er schon wieder aus dem Kochtopf herauskommen. Aber auch bei seinem nächsten Versuch, mit all seiner Kraft und Anstrengung, gelang es ihm nicht, sich zu befreien. Michel begann um Hilfe zu rufen, aber seine Mutter hörte ihn nicht, weil sie gerade mit Michels Schwester Klein-Ida die Pferde im Stall fütterte. Michel schrie lauter.
Schließlich hörte Michels Vater sein Geschrei und rannte zurück in die Küche, um zu sehen, was los war. Als er sah, dass Michels Kopf im Kochtopf feststeckte, wurde er wütend: „Immer Ärger mit diesem Michel. Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?“ Aber dann bemerkte er, dass Michel wirklich in Schwierigkeiten steckte, und wollte helfen, ihn herauszuziehen. Aber es war kein leichtes Unterfangen.
Er versuchte zunächst, den Kochtopf mit roher Gewalt von Michels Kopf zu ziehen. Er packte den Topf fest und zog daran, aber das Gefäß bewegte sich kein Stück. Auch nach mehreren Versuchen schien es, als wäre der Topf auf Michels Kopf festgeklebt. Michels Ohren taten schon weh und wurden ganz rot. „Aua, aua - Papa, hör auf, du reißt mir noch die Ohren ab!“ Michels Vater musste sich eine andere Methode ausdenken, so ging es auf gar keinen Fall. Der Topf saß immer noch fest.
Ein Nachbar kam vorbei und empfahl, den Topf am inneren Rand mit Öl oder Butter einzuschmieren, um den Topf leichter abziehen zu können. Sie versuchten es mit Butter, aber es half nicht viel. Der Topf saß immer noch fest.
Jetzt kam Michels Mutter in die Küche zurück und hatte eine weitere Idee: Sie wollte den Topf und Michels Kopf kühlen, um den Kochtopf danach leichter abnehmen zu können. Sie stopfte Eiswürfel in den Topf und ließ kaltes Wasser darüber laufen. Aber das Wasser war nicht kalt genug und die Eiswürfel schmolzen zu schnell. Michel fing an zu frieren. Der Topf saß immer noch fest.
Mutig entschloss sich der Knecht Alfred, den Topf einfach aufzuschneiden. Er holte eine Säge aus dem Schuppen und fing an, vorsichtig am Topf zu sägen. Das Material des Kochtopfes war aber so dick, dass die Sägeblätter alle nacheinander abbrachen. Der Topf hatte nun einige Kratzer, saß aber immer noch fest.
Als letzten Ausweg rief Michels Vater den örtlichen Schmied zu Hilfe, um Michel zu befreien. Der Schmied kam mit einer großen Zange, packte den Topf und begann, ihn zu biegen. Es dauerte eine Weile und es schien, als ob sich der Topf etwas löste. Aber nach kurzer Zeit brach der Griff der Zange ab und Michels Kopf war immer noch nicht zu sehen. Der Topf hatte nun einige Kratzer und zusätzlich viele Beulen. Durch die Beulen konnte Michel seinen Kopf aber etwas bewegen. Der Topf saß nicht mehr ganz so fest.
Schließlich wurde beschlossen, Michel samt Kochtopf zum Arzt zu bringen. Mit der Pferdekutsche machten sie sich auf den Weg. Michels Vater trieb die Pferde an, er wollte keine Zeit verlieren. So fügte es sich, dass die Kutsche in einer scharfen Linkskurve über einen dicken Stein holperte und alle Insassen von ihren Sitzen gehoben und ordentlich durchgeschüttelt wurden. Im Moment des harten Schlags flog der Kochtopf von Michels Kopf in einem hohen Bogen direkt auf den Schoss seiner Mutter. „Bitte schön, Mama. Da hast du deinen Kochtopf zurück!“ sagte Michel nur mit einem breiten Grinsen. Seine Mutter blickte sprachlos auf den zerkratzten und verbeulten Kochtopf. Natürlich war sie erleichtert, dass Michel endlich befreit war, aber Suppe würde sie in diesem Topf nicht mehr kochen können.
Zurück auf dem Katthulter Hof verschwand Michel sofort freiwillig in den Tischlerschuppen, um ein weiteres Holzmännchen zu schnitzen. Nach dem Blick seines Vaters, den er ihm auf der Kutsche zugeworfen hatte, wollte Michel ihm lieber aus dem Weg gehen.
Von diesem Tag an erzählte sich ganz Lönneberga immer gerne die Geschichte, wie Michels Kopf in einem Kochtopf feststeckte. Die Leute lachten und schüttelten den Kopf über Michels Ungeschicklichkeit, aber alle wussten, dass Michel trotz allem ein liebenswerter Junge war, dem man so etwas nicht übel nehmen konnte.
Noch mehr Streiche von Michel kann man auf ZDFtivi im Überblick anschauen.
Reisetipp: Den Katthulter Hof gibt es wirklich. Der echte småländische Bauernhof zählt zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten in der Region von Vimmerby.